sperrige schönheit: überlegungen zur rezeption aktueller lyrik, adk, berlin

man ist sich einig, irgendwie ist alles gar nicht so schlimm und gar nicht sperrig. und, wo doch, lyrik war es schließlich schon immer, massen und verständnis will sie eh nicht. monika, du sagst die klügsten sätze, ganz ohne zweifel, verägert bin ich dennoch. alle singen das loblied auf die selbstausbeutung und wie subversiv das doch alles sei. nein, wie unglaublich versbauwillig wir uns eines feuchten mehr lichts doch verwehren. beschämte diven, die wir sagen, och, nee, danke, geht scho, im grunde will ich deine aufmerksamkeit nicht, leser, lektor, lampenputzer. nee, schon gut. i m so exclusive, you know. so groß seid ihr alle nicht, dass ihr euch so klein und genügsam machen dürftet, denke ich da etwas gemein. ein gedicht sei evident, sagst du, monika. wo bitte ist ein gedicht evident? es ist da, aber präsenz ist noch lange nicht evidenz.

verschwende deine jugend, verschwende deine klugheit, verschwende, verschwende. nichts ist befestigt, alle wege sind offen, auflösbar ist es nicht, das gedicht, aber was ist schon auflösbar, und, da es ja eh nicht dot zu krieschen ist, hungern wir sie einfach weiter aus, die produzenten, sie setzen sich ja auch aufs podium und sagen noch danke dafür. bitte, dachte ich da. der erniedrigte, er sagte, er hatte ein gutes leben, beleidigt war er nie. der glaube rettet uns alle. blaise pascal lässt grüßen, jaja. hm. für einen moment denke ich, kann ich rks überhaupt noch machen? für einen moment denke ich, wenn es keine empfindung gibt, für das verstummen des anderen, für die rückwirkung von wirkungsmächten, für die ohnmacht, wenn es nur einen absoluten glauben an die selbstgesteuerte produktion gibt, deinerseits, dann gibt es vielleicht gar kein verständnis, zwischen dem, was ich meine und dem, was du meinst. ich denke an die diskussion um tonka.

das denken braucht den anschluss an die subversion und bekommt sie mittels gedicht. das ist wunderbar gesagt, aber grundfalsch für mein empfinden, die subversion braucht den anschluss, und darum ringt sie in ihrer abkehr. wer die notwehr zum selbstzweck erklärt, vergisst ihr existenzielles anliegen.

danke für den sehr schönen essay, magst du ihn hier einstellen?

.. .. ..

„.. Bergson believed: The comic is that side of a person in which he resembles a thing: it is that aspect of human events which, by a special kind of rigidity, institutes a mechanism pure and simple, an automatism, a lilfeless moment… “ … aber aber aber aber, stimmt das auch …. ?

.. es senden die oberflächen der dinge ..

“ … Über die Bilder der Dinge: so nennen wir diese Gebilde,
Die von der Oberfläche der Körper wie Häutchen sich schälen
Und bald hierhin bald dorthin umher in den Lüften sich treiben.
Dies sind dieselben Gebilde, die nachts im Traum, wie im Wachen
Uns begegnen und schrecken. Da sehen wir öfter Gestalten
Wunderlich anzuschauen und Bilder dem Lichte Entrückter,
Die aus dem festesten Schlummer empor mit Entsetzen uns wecken.
Aber man bilde nicht etwa sich ein, die Seelen der Toten
Könnten dem Orkus entfliehn und als Schattengespenster umflattern
Uns Lebendige, oder es bliebe von uns noch was übrig
Nach dem Tod, wenn der Körper zugleich und die Seele geschieden
Und sich ein jedes von ihnen in seine Atome getrennt hat.
Also, behaupt‘ ich, es senden die Oberflächen der Dinge
Stets Abbilder der Dinge hinaus und dünne Figuren,
Was selbst der wohl begreift, deß Geisteskräfte nur stumpf sind. …“



Lukrez: Über die Natur der Dinge.
IV. Wahrnehmen, Denken, Begehren
Inhalt des IV. Buches, spätere Fassung
übersetzt von Hermann Diels

… nebenerfolg tintenfass ..

“ … Wenn den Zerstörungsdrang des Zornes ein Faustschlag ‚entlädt‘, so ist er weder gegen den Tisch noch gegen sonstige Dinge gerichtet, sondern er zielt auf den Eindruck des Widerstandes, weil nur am anschaulich Widerstehenden das Brechen, Zerstören und Überwinden erlebt werden kann. Der Zustand des Zornes, artlich Vernichtungstrieb, erfüllt sich im Brechen von Widerständen, und das ihm anheimgefallene Ich vollführt die Bewegung als zu ihr getrieben und daher ganz ohne Rücksicht auf den erregenden Anlass. Die Ausdrucksbewegung ist immerdar ohne Zweck, in den meisten Fällen aber sogar zweckwidrig, wie ja das Beispiel vom Schlag auf den Tisch mit dem Nebenerfolg des fallenden Tintenfass enthüllte. … “

klages: ausdrucksbewegung und gestaltungskraft

… platz schaffen …

“ … Der destruktive Charakter kennt nur eine Parole: Platz schaffen; nur eine Tätigkeit: räumen. Sein Bedürfnis nach frischer Luft und freiem Raum ist stärker als jeder Hass.
Der destruktive Charakter ist jung und heiter. Denn Zerstören verjüngt, weil es die Spuren unseres eigenen Alters aus dem Weg räumt; es heiter auf, weil jedes Wegschaffen dem Zerstörenden eine vollkommene Reduktion, ja Radizierung seines eignen Zustands bedeutet. Zu solchem apollinischen Zerstörerbilde führt erst recht die Einsicht, wie ungeheuer sich die Welt vereinfacht, wenn sie auf ihre Zerstörungswürdigkeit geprüft wird. Dies ist das große Band, das alles Bestehende einträchtig umschlingt. …“

Benjamin: Der destruktive Charakter

.. unsagbar lebendig ..

“ … In geschlossenen Räumen aber stellten die Krisen sich leichter und häufiger ein. Gewöhnlich ertrug ich das Alleinsein in einem unbekannten Zimmer nicht. Musste ich warten, so kam nach wenigen Augenblicken die angenehm schreckliche Betäubung. Das Zimmer selbst bereitete sich darauf vor: eine warme, freundliche Vertrauthaut sickerte durch die Wände und ergoss sich über alle Möbel und Gegenstände. Plötzlich war das ganze Zimmer erhaben, und ich fühlte mich überglücklich in seinem Raum. Doch war dies nichts als ein Trugbild, das lag größtenteils an der Krise; eine ihrer anmutigen und subtilen Gemeinheiten. Auf den Rauschzustand folge unmittelbar der totale Umsturz und alles geriet durcheinander. Mit weit aufgerissenen Augen betrachtete ich meine Umgebung, doch die Dinge verloren ihren bekannten Sinn: eine neue Existenz tränkte sie. …“

M. Blecher: Aus der unmittelbaren Unwirklichkeit. Übersetzt von E. Wichner. BS 1367.

Blecher: Beleuchtete Höhle.

“ … Auf der Straße warteten drei Freunde auf mich, aber auch diese wiesen unglaublich kuriose Veränderungen auf, der erste war blau gefärbt, seine Haut war von Kopf bis Fuß mit Emaille überzogen, wie die Weidlinge, Schüsseln und Töpfe in der Küche; die Erklärung dafür war, dass im Land der ‚Spezialisierungen‘ auch die Menschen das Aussehen ihrer Berufe annahmen, und mein Freund war Ingenieur in einer Fabrik, in der Gefäße emailliert wurden, der zweite trug Zellophankleider, war gänzlich transparent und dabei dunkel wie ein Röntgenbild.

– Du weißt, dass ich immer leidend war, sagte er, als ich ihn fragte, was dies zu bedeuten habe. Ständig brauchte ich eine Radiographie, um zu wissen, was ich hatte und was mir weh tat, also habe ich eines Tages beschlossen, mich ein für alle Male röntgen zu lassen und Zellophankleider anzuziehen, damit ich jederzeit verfolgen kann, was in meinem Körper geschieht.

Und was den dritten betrifft, der hatte strahlend grüne Augen und ansonsten nichts Besonderes aufzuweisen, er gab uns Bonbons, die, wie ich merkte, eigentlich Uhren waren und sich im Mund auflösten, wozu unser blauhäutiger Freund bemerkte:

– Ich glaube, du gehst fünf Minuten vor, und es klang, als hätte er gesagt: Dieser Bonbon ist ziemlich sauer. Er war ein schlichter und ein bisschen spinnerter Künstler, nur dass ich, als er sich einen Bonbon in den Mund steckte, sehen konnte, dass er statt Zähnen kleine Porzellanpuppen im Mund hatte und dass seine Zunge in schmale rote Lamellen aufgespalten war, als hätte er eine Chrysantheme mit fleischigen Blütenblättern im Mund gehabt; und als ich mir seine Augen genauer anschaute, sah ich, dass sie aus zwei Glasklümpchen von Limonadenflaschen gemacht waren.

Mit dieser verblüffenden Einzelheit endete mein Traum. …“

aus: M. Blecher: Beleuchtete Höhle. Übersetzt von E. Wichner. BS 1434.

… zeitung von heute …

… ob sich eine saftflasche im supermarktregal mit einem saftflaschenleiden infizieren kann, verschluss rostig, etikett angerissen, schwappender schimmel – es scheinen menschen negative eigenschaften eines unbelebten dings auf dinge vom gleichen typ zu übertragen … das lege ein experiment der universität utah über kundenverhalten nahe … kommunizierende ketchupflaschen… „sowohl negative als auch positive eigenschaften gelten offenbar als ansteckend, auch wenn es keinen grund dafür gibt, so die forscher.“

… stupidity…

“ … For the writer, the problem of stupidity occupies a place of deliberate latency; ever on the prowl for your moment of greatest vulnerability, it prepares another sneak attack. Unless you really know what you re doing – and then it s in your face, all over you, in fact, showing no pity. It seizes your autobiographical effort, taking the place of you „I“, henceforth enfeebled, dominated by shame. Thus Barthes, delicate and watchful, writes of himself when he s on himself in the third person: „It is curious that an autor, having to speak about himself, is so obsessed by Stupidity, as though it were the inner thing he most feared: threatening, ever ready to burst out, to assert its right to speak (why shouldn t I have the right to be stupid?); in short THE THING.“ Attempting to exorcise it, Barthes, in his Lacanian phase of dreading the thing, plays the fool: „He puts himself inside it. … In a sense this whole little book, in a devious and naive way, plays with stupidity – not the stupidity of the others (that would be too easy), but that of the subject who is about to write. What first comes to mind, ist stupid.“ If Barthes puts himself in the third person, then stupidity is the first person, what happens first, what has happened agelessly, at the time, which is all the time, when the subject is about to write, endeavouring symbolically to repair the lesion induced by the THING. … “

Avital Ronell: Stupidity

… dies tadelt hegel …

„… Indes, wir kehren zurück zu der oben gemachten Bemerkung: ein DING ist es, sich dichten zu lassen und ein ander DING, sich selber zu dichten. Derjenige nämlich, der sich dichten lässt, hat auch einen bestimmt gegebenen Zusammenhang, in den er hineinpassen soll, und wird dergestalt nicht zu einem Worte, das keinen Sinn hat, weil es aus seinen Verbindungen herausgerissen worden ist. Für den Ironiker aber hat dieser Zusammenhang, den er etwas ihm Aufgehängtes nennen würde, keinerlei Giltigkeit, und da er nicht dazu gemacht ist, sich so zu bilden, dass er in seine Umgebungen  hineinpasst, so müssen sich die Umgebungen nach ihm bilden, d.h., er dichtet nicht bloß sich selbst, er dichtet auch seine Umwelt. …  … Indem nun der Ironiker dergestalt, mit größtmöglicher poetischer Freiheit, sich selbst und seine Umwelt dichtet, indem er solchermaßen ganz und gar hypothetisch und konjunktivisch lebt, verliert sein Leben alles Stetige und Zusammenhängende. Hierdurch versinkt er ganz und gar im Abgrund der Stimmung. Sein Leben besteht aus lauter Stimmungen. Nun kann allerdings das Stimmunghaben etwas sehr Wahres sein, und kein irdisches Leben ist so absolut, dass es mit dem darin liegenden Gegensatz unbekannt wäre. Doch in einem gesunden Leben ist Stimmung lediglich eine Steigerung desjenigen Lebens, das sich ansonst in einem rege und rührt. … … Aber der Ironiker ist Dichter, und daher kommt es, dass es, obwohl er wahrlich ein Spielball der Laune der Weltironie ist, doch nicht immer den Anschein davon hat. Er dichtet alles, dichtet Stimmungen mit. Um recht frei zu sein, muss die eine Stimmung unverzüglich von der andern abgelöst werden. Insofern es nun zuweilen geschieht, dass die Stimmungen einander gar zu verzweifelt ablösen und er also merkt, es gehe nicht ganz mit rechten Dingen zu, so dichtet er. Er dichtet, er sei es selber, der die Stimmungen hervorrufe; er dichtet so lange, bis er geistig so gelähmt und gebrochen ist, dass er das Dichten bleiben lasst. Deshalb hat die Stimmung selbst für den Ironiker keinerlei Wirklichkeit, und er macht seiner Stimmung nur selten anders Luft als in Kontrastgestalt. Seine Trauer birgt sich in des Scherzes vornehmem Inkognito, seine Fröhlichkeit ist eingehüllt in Klagelauten. Bald ist er auf dem Wege zum Kloster, unterwegs besucht er den Venusberg; bald auf dem Wege zum Venusberg, unterwegs betet er in einem Kloster. Auch das wissenschaftliche Streben der Ironie geht in Stimmung auf. Dies tadelt Hegel … “

Kierkegaard: Über den Begriff der Ironie mit ständiger Rücksicht auf Sokrates (Hervorhebungen von mir)

… yellow, watery, but speculative …

… My imagination, unbidden, possessed and guided me, gifting the successive images that arose in my mind with a vividness far beyond the usual bonds of reverie. I saw – with shut eyes, but acute mental vision – I saw the pale student of unhallowed arts kneeling beside the thing he had put together. I saw the hideous phantasm of a man stretched out, and then, on the working of some powerful engine, shows signs of life, and stir with an uneasy, half-vital motion. Frightful must it be; for surpremely frightful would be the effect of any human endeavour to mock the stupendous mechanism of the Creator of the world. His success would terrify the artist; he would rush away from his odious handiwork, horror-stricken. He would hope that, left to itself, the slight spark of life which he had communicated would fade; that this thing which had received such imperfect animation would subside into dead matter, and he might sleep in the belief that the silence of the grave would quench forever the transient existence of the hideous corpse which he looked upon as the cradle of life. He sleeps; but he is awakened; he opens his eyes; behold, the horrid thing stands at his bedside, opening his curtains and looking on him with yellow, watery, but speculative eyes …

mary shelley’s frankenstein

süß, getränke

„Wir sind gewiß in ein häßliches, schmerzhaftes, wüstes Labyrinth von Welt geboren worden, von Anfang an. (Keiner will das wahrhaben!)

(…)

Jetzte erzähle ich Dir eine lustige Angelegenheit, die mir eben, als ich Zigaretten holte und dabei gleichzeitig zwei Plastiktüten mit leeren Wein- und Bierflaschen umtauschte, passiert ist:

da ist ein Laden voller Rauschmittel,

Flaschen mit roter Rauschfüllung, weißer, grünlicher, süßer, herber, billiger, kalter, warmer zitronenhafter und parfumhafter Rauschmittel,

ein winziger Raum, der vollgestopft ist,

und wo ich immer meine Bierflaschen oder billigen Weinflaschen bisher gekauft hatte, nicht viele, so daß sich die Flaschen aber im Laufe der Zeit angesammelt hatten, und ich sie umtauschen wollte,

ein kleiner, etwas, nur leicht bleich aussehender älterer Mann hantiert darin in einem schwarzen Kittel (der eigentlich eher an einen Totengräber in dem Kittel erinnert, wozu die billigen Flaschen gar nicht passen wollen, und an der Wand versteckt hinter den Flaschen billige verblichene-bunte Heiligen- und Madonnenbilder, über dem Kühlschrank hängt sogar ein Bild mit blutendem Herzen, vor dem ein Lämpchen brennt, elektrisch, ist klar, – so leben Menschen im 20. Jahrhundert,

er hat mir sogar einen Flaschenöffner geschenkt,

Du kennst aber meine Wachsamkeit, ich bin so,

also zählte er durch und legte 500-Lire-Schein auf den Tisch, den ich mir ansah,

dann machte ich klar, ich wollte 5 Flaschen Bier haben plus 1 Flasche weißen Weins, für die nächsten Tage, die nächste Woche,

und jedesmal beim Einkauf fischt er sich einen Zettel und rechnet aus, was ich im Kopf mitmache,

da rechnet er 1200 Lire aus, zog etwas ab, aber weniger als 500 Lire, auf einem Preisschild hatte ich mir die Preise für Bier angesehen, und ich dachte, das ist doch nicht richtig, wieso,

ich ohne italienisch, er ohne deutsch oder englisch, so ging das hin & her(ich hätte ja auch blöd die Schultern zucken können und abstoffeln wie ein nix-verstehender Ausländer, zugleich war die Angelegenheit auch billig und nicht des Aufwandes wert eigentlich, doch darum ging es mir nicht, ich wollte das verstehen)

noch einmal machte er auf einem hergefischten Zettel eine Rechnung auf, nix ich verstehe, da fehlt das Flaschenpfand für die Bierflaschen, er rechnet wieder, ich gehe hinter die Theke an den anschließenden Raum und zähle ihm die Flaschen einzeln vor, zuerst die Weinflasche, dann die Bierflaschen,

er versteht das offensichtlich alles (bin ich in der Kirche?) er versteht auch, daß ich nicht abschlurfe, wie ein trotteliger Nix-Capito-Ausländer, obwohl Ausländer aus „Tedesca“, Germania, was weiß ich, er versteht überhaupt die Aktion, die ich meinerseits nicht ganz verstehe, ich verstehe nur meinen Impuls, andernfalls bringe ich nämlich die Flaschen nicht zurück, ist zu viel Mühe, (Bloß aus Gefälligkeit? So prima ist der Krämertyp auch nicht.)

ich zeige auf die ausgeworfene Summe, er zeigt auf die eingepackten Flaschen, er redet italienisch, ich rede deutsch, wir meinen die Flaschen und das Pfand dafür, also noch einmal die Rechnung auf einem Zettel,

ich zeige auf ein gelbes Pappschild mit den Preisen, die mit der Hand darauf gemalt sind, und er nickt immerzu, „si, si“ und multipliziert, während ich subtrahiere,

bis nach einiger Zeit mir klar ist, eine Flasche Bier kostet als angeschlagener Preis 190 Lire, aber darauf kommt noch Flaschenpfand, was er schon abgezogen, dann wieder draufgeschlagen hatte,

wir lächeln (ich lächele ihn aus, er lächelt mich aus)

da reißt er den großen Kühlchrank auf und holt zwei Gläser heraus, nimmt eine angebrochene Flasche und füllt sie mit einem öligen gelben-rötlichen Wein, der Wein schmeckt süß, sehr angenehm, draußen ist Regenwetter, drinnen stehen zwei Leute und haben billig gerechnet,

eine kleine Taschenlampenbirne glimmt vor einer Heiligen-Blut-Postkarte

ich habe meine Sache durchgezogen, er hat seine Sache durchgezogen,

wir prosten einander zu, ich lasse mir die Flasche Wein zeigen, es ist ein Schluck aus einer 650 Lire-Flasche (vergleichsweise kostet mein weißer Wein 250 Lire),

er erklärt mir noch einmal Preise plus Flaschenpfand,

wir trinken, das ist es, ich lächele, er lächelt, ich gehe raus. Er verkauft weiter.

Auf dem kurzen Rückweg fange ich plötzlich an, als mir noch einmal die Szene klar wird, zu lachen:

da sehe ich zwei Leute billige Rechnungen auf Schmierzetteln machen, hin und her.

„Dolce“ (:“Süß!“ erklärte der Schwarzkittel mir, als er das Glas hob.)“

Brinkmann, Rom, Blicke, 1979

… am ufer liegen … assoziierte lektüren …

ausweitung des affektuellen auf unbeseeltes. ist es? endosymbiontentheorie (margulis / sagan) – wirtling und parasit in selbstverzehrender koexistenz auf dem weiteren weg zum nicht-mehr-so-einfachen.. becoming-with, etwas-mit-einem-anderen-werden, statt andereR-werden. hierzu: manuela rossini – zoontologies, als analysekategorie für eine „antispeziezistische art des posthumanistischen denkens“ – abstract sex (rekombination: anorganisch, organisch, klimatisch, geologisch…  luciana parisi)

(wofür hält sich die erde?)

das subjekt sei rückzuführen in ein gleichgültiges leben von: mensch, tier, maschine, virus, bakterie, klima und gestein. aha. und das soziale sei ein riesiger ozean, in dem sich inseln von dingen und akteuren bilden.