Gegen einen Pinto willst du dich beflecken? Ann Cotten – Monika Rinck – Sabine Scho
.. .. ..
2 Gedanken zu „.. .. ..“
bitte merkt
bitte merkt
bitte merkt
bitte merkt
bitte merkt ein für
ein für ein für all all
alle mal: allein sein
ist allein sein ist tata
allein sein ist allein
sein ist tatatataaataaaa.
Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden. (Schlegel)
Viehzucht kann nur durch Viehzucht kritisiert werden.
Bürgerkrieg kann nur durch Bürgerkrieg kritisiert werden.
Jedes Konzept kommt an seine eigenen Grenzen.
Ach, furchtbar ist Gewissen ohne Wahrheit.
Furchtbar, wenn einer glaubt und glaubt verkehrt.
Kleist schreibt nach Frankfurt:
Ich bitte Gott um den Tod
– – – – – und dich um Geld.
Es lässt sich alles lesen. Die Furchen. Die Spuren. Das Spreu. „Progressiv ist der Eindruck, regressiv ist die Wiederholung des Eindrucks, die Versinnlichung. Ein solcher Versinnlichungszusammenhang ist unter anderem, was Topik leistet. An jeder Stelle dessen, was ich erinnere, muss ich mir darüber im Klaren sein, wie – wenn es sich um Ding-Erinnerung handelt – diese Erinnerung entstanden ist und wie ich sie neu einsetzen kann. Was passiert eigentlich genau bei dieser Versinnlichung von Erinnerung? Alles was Spuren hinterlässt, hat deshalb einen Sinn, weil es Spuren hinterlässt. Es wird also, wenn man sich erinnert, mit Spur als Spur regrediert. Man glaubt auf der Spur zurückzugehen.“ (SBM)
DIE drei- bis fünffache SCHOWFOLGE
Seit dem frühen Mittelalter unserer Produktivität betreiben zur Erhaltung derselben wir die so genannte Schowfolge. Hierbei orientieren wir uns an der Dreifelderwirtschaft. Nachdem wir in H. mit einer kaum je da gewesenen Fahrigkeit die Frage der Substanzen in jeder Hinsicht erhellten, wird nach den Gesetzen der Wucht und Unwucht diese Schow zur Landwirtschaft von einer ungewohnten Informationslastigkeit, das heißt höchst instruktiv sein. Dies tun wir zu Erhaltung der Ressourcen, die wir wechselhaft ausbeuten, um uns selbst die Möglichkeit geben, uns zu erholen.
Sie haben aber bei allem Glück: Schließlich gibt es Schows, die in der Phase der Brache zu Liegen kommen, respektive der gebotenen Erholung durch Verwahrlosung (Unbewirtschaftung) erliegen. Rosmarie Waldrop fand hierfür den Begriff des Gap Gardening, eine Hege der Breschen oder auch Hortikultur der Lücke. Es ist ein wechselhaftes Geschehen, es ist dabei der Wechsel, der uns erhält.
GAP GARDENING
„Keine Landschaft, kein Werk und keine Geschichte ohne zufällige Umstände oder singuläre Ereignisse, die um sie herum eine Art kantonaler Abgrenzung schaffen, welche für den unerwartet ist, der aus der Umgebung kommt.“ (Die fünf Sinne, Seite 319)
„Stimmen, in die Seite gepflanzt, reifen nicht, noch tragen sie Früchte. Nicht erklärt die Aufstellung hier die Leere, sondern pflegt sie. Die Stimmen halten inne, beginnen von neuem. Eine Hege der Breschen, welche, vom rechten Rand einwärts bewegt, die Zeit aufhebt. Die Aufhebung setzt ein, ist gesetzt, in Druck, in Spalten, die falsche Erinnerungen an Garten, Weinberg, Laube aufkommen lassen. Zitterndes Laub, die Regeln vom schwarzen Daumen und weißem, unsichtbarer Winkel von Atem und Festkörper.“ Rosmarie Waldrop: Reluctant Gravities. New York 1999, S. 4
„Voices, planted on the page, do not ripen or bear fruit. Here placement does not explain, but cultivates the vacancy between them. The voices pause, start over. Gap gardening which, moved inward from the right margin, suspends time. The suspension sets, is set, in type, in columns that precipitate false memories of garden, vineyard, trellis. Trembling leaf, rules of black thumb and white, invisible angle of breath and solid state.“
Gap Gardening – eine Art semantischer und rhythmischer Auslichtung des Textblocks, aber auch ein randständiger Garten, das Umsorgen und Hegen der Lücke, oder die Beleihung des Gartens mit Leerfeldern, mit Durchlässigkeit und unbestimmtem Raum. Viele abstrakte Begriffe weisen in ihrer Wortgeschichte landwirtschaftliche Bedeutungsanteile auf. Im Griechenland des sechsten vorchristlichen Jahrhunderts begegnet der Vers als boustrophedon, da damals nicht von links nach rechts geschrieben wurde, sondern vor und zurück – die ungerade nummerierten Zeilen wiesen in eine, die gerade nummerierten in die andere Richtung – benannt nach der Bewegung des Ochsens, der den Pflug auf dem Feld hin- und herzieht.
Im französichen Wort paysage wirken Erinnerungen an heidnische Bauern, den heidnischen Gott im Landschaftselement fort: Paysage, paysan, paien: „Topologie einer Karte, die aus disparaten, unterschiedlich gefärbten, auf bizarre Weise ineinander verschachtelten Feldern zusammengesetzt war, ein zerfetzter Umhang aus Weinbergen, Wiesen, Äckern, Wäldern …“ So Serres, in „Die fünf Sinne“. Es passiert in der Landschaft, es passiert auf der Seite. Der Bauer, schreibt Serres weiter, habe die Landschaft pagus für pagus zusammengesetzt, ein Wort aus der alten Agrarsprache, das ebenso wie das Verb pangere die Seite pagina angibt: “ … jene, die ich heute morgen in regelmäßigen Furchen bearbeite, mit dem Pflug meines Stiftes, die kleine Tranche, auf der die Existenz dessen, der da schreibt, sich festmacht, einpflanzt oder niederlässt, auf der er sie besingt.“ (318)
Doch wir sprechen nicht von Feldarbeit per se, wir sprechen von poetischer Feldarbeit. Prosa ließe sich, ein geeignetes Seitenformat vorausgesetzt, einmal rund um den Erdball schreiben. Dichtung bleibt in gewisser Weise am selben Ort, geht hinein und hinaus, türmt, stapelt, verdichtet, setzt sich Grenzen, bricht sie, kehrt zum Einen zurück, singt, wiederholt, geht tiefer in den Gedanken, untergräbt den Gegenstand, baut ihn aus, flieht ihn, kommt wieder, aber tut das nicht auf linearem Weg. Die Versbewegung suggeriert ein Bleiben, eine Fixation, eine Sorge – was in nicht als ein Lob der Immobilität missverstanden werden soll. Es geht ja weiter. Das Fortschreiten ist tropisch. „Gap gardening which, moved inward from the right margin, suspends time“, wie es bei Rosmarie Waldrop hieß – in ein zitterndes Dasein, eine andere Form der Zwangsläufigkeit, die viele, die multiple Richtungen kennt. Ich denke an den in lichtlose Erde vertieften Garten, an das Voruns des Gartens, eine leicht gebeugte Haltung, eine Hocke, eine Rast in kollabiertem Gelände. Weinberger spricht von einem zum anmutigen Ort verkommenen Gebiet, von präziser Achtlosigkeit. Das ist nicht das Gegenteil von Aneignung. Es scheint mir eher eine Haltung, die sich das Eindringen der Chaosangst zunutze macht, jene von leichter Panik begleitete Lebensfreude, die sowohl gelöste wie auch gebundene Mannigfaltigkeit im Gedicht. Gärten, Gebiete, immunisiert durch Störung, komplexe Bewüchse, mittels derer eine Art von metaphorischer Fusion von Abwehr und Hege erreicht wird. In W.C. Williams Gedicht „A SORT OF A SONG“ soll die Schlange unter dem Kraut warten, das Schreiben langsam sein und schnell, scharf und zutreffend, ruhig zuwartend, ohne Rast und ohne Hast, schlaflos: „- through metaphor to reconcile / the people and the stones. / Compose. (No ideas / but in things) Invent! / Saxifrage is my flower that splits / the rocks.“
Bewirtschaftung des Gehirnstoffwechsels – durch Psychopharmaka bringt als Ernte Frohsinn, nur Frohsinn hervor, so viel Frohsinn, dass der zu kippen droht, bevor man ihn zu Ende gelebt hat mit dem armen Körper, der durch all die chemischen Verfechtungen taumelt und um Einspeicherung bittet, for further generations. Im Silo gärt der Frohsinn. An wen werden wir ihn verfüttern? Was werden wir dadurch gewinnen? Hoho, ein Hoch auf die Biomacht.
Hierzu: Aus SPEED: „Die Erklärung der psychischen Konflikte des Menschen aus seiner Physiologie und die daraus abgeleitete Behandlung mit Medikamanten bildet ein wesentliches Element innerhalb einer Radikalisierung der normativen Biopolitik. Den ursprünglich dem nationalsozialistischen Vokabular entstammende Begriff hat der französische Wissenshistoriker Michel Foucault in den Siebzigerjahren neu geprägt. (..) Der „Eintritt des Lebens und seiner Mechanismen in den Bereich der bewussten Kalküle und Verwandlung des Machtwissens in einen Transformationsagenten des menschlichen Lebens“ wird zudem ab dem Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im wachsenden Ausmaß durch die von Foucault moch wenig beachtete Gesundheitsindustrie bestimmt, die sich in den letzten Jahren, in Ableitung der Übersetzung des altgriechischen Wortes „Bios“ immer öfter „Lebensindustrie“ nennt.“ (168f) Hans-Christian Dany
FOUCAULT – WILLE ZUM WISSEN:
ALLEINSEITIGKEIT – das glaube ich nicht.
Und nun zur Ernte. Löblich. Apokalyptisierend. Gut gedüngt.
Werden nun berichten aus den EWIGEN FREUDEN DER SELIGEN.
Nach der Apokalypse. Die ewige Seligkeit am Ende der Welt.
Hier ist ein Beet von Tausendschön,
Da voller Tulipanen,
Dort pflegt die Goldwurz aufzustehn
Mit ihren gelben Fahnen.
Hier zeiget sich die Anemon,
Der Nelken samtne Wangen,
Dort steht die stolze Kaiserkron
Beim türkschen Bunde prangen.
Alls ist mit solchem Fleiß und Kunst
So zierlich angeleget,
Daß es die Augen stracks zur Gunst,
Das Herz zur Lust beweget.
Kein Perlenhefter hat ein Tuch
So künstlich ausgesticket,
Als dieses Wunderblumenbuch
Sich ineinander schicket.
Aus diesem Garten kann man bald
In einen andern gehen,
In dem die Bäume jung und alt
In bester Ordnung stehen.
Da hat man mit Verwunderung
Die schönsten Frücht in Augen,
Es ist kein Stäudlein ja so jung,
Das nicht sollt etwas taugen.
Auf diesem läßt sich eine Schar
Der Jungfernäpfel sehen,
Auf jenem wird man bald gewahr,
Wie sich die Birnen drehen.
Ein andrer ist von Pfirschken schwer,
Ein andrer von Morelchen,
Ein andrer wanket hin und her
Mit Muskatellerkelchen.
Ergötzlich ist es anzusehn,
Wenn sich die Pomeranzen
Von Lüften hin und wieder drehn
Und auf den Ästen tanzen.
Wenn die Zitronen klein und groß
Sich auf die Erde neigen
Und die Granaten fast ganz bloß
Und reif zum Essen zeigen.
Draus kommt man in das freie Feld,
Das hat ein schön Gesichte,
Man siehet eine solche Welt,
Die unsre macht zu nichte.
Da liegt ein Berg, da steht ein Wald,
Da ruhen Aun und Wiesen,
Ein jegliches ganz wohlgestalt
Und nie genug gepriesen.
Man siehet stracks die liebe Saat
Auf etlich hundert Morgen,
Sie wächst ohn allen Mißgerat
Goldstriemig und ohn Sorgen.
Es hat der Kürbisse so viel
Und zückerne Melonen,
Daß man sich, wie man immer will,
Nicht kann vor ihnen schonen.
Das Wild ist sämtlich da nicht wild,
Kein einzigs ist zu scheuen,
Der Leopard geht sanft und mild,
Man scherzet mit den Leuen.
Ein Jauchzen und ein Lustgeschrei
Hört man bei dem Gehetze,
Der Hirsch hängt sein verguldt Geweih
Freiwillig an das Netze.
Es quilln viel lautre Brünnelein,
Die den Kristall beschämen,
Viel Bächlein rinnen, die den Schein
Dem Fraueneis benehmen.
Ausbündig günstig kommen drinn
Die Wiesen und die Matten,
Es hat da, was er will, der Sinn,
Schöns Licht und schönen Schatten.
Nahbei findt man mit sondrem Schein
Erbauet Schäfereien,
Die Schäflein sind so hübsch und fein,
Daß sie das Herz erfreuen.
Sie tragen Seiden statt der Woll
Und silbernes Gespinste,
Sie gehn so häufig fett und voll
Ohn alles Mißgegünste.
Die Fische sind so wundersam,
So lustbar in den Teichen,
So günstig, daß man sie vom Damm
Mit Händen kann erreichen.
Sie schimmeren wie Goldgeschmeid,
Sie spielen fast so feine
Wie Perlenmutter und zur Zeit
Wie edele Gesteine.
Die Hügel muß ich sonderlich
In diesem Schauplatz preisen,
Sie sehn so lustig rund um sich,
Als wollten sie sich weisen.
Sie sind durchscheinend allzumal
Wie die polierten Glasen,
Sind wohl bewachsen überall
Mit Gold, Grün und mit Rasen.
Der ein ist lauter von Saphir,
Der andre von Kristallen,
Der ein Smaragd, ein andrer schier
Wie Bernstein und Korallen.
Sie sind voll Segens und voll Tau,
Man siehet ihre Spitzen
Von fern hernieder auf die Au
Mit Milch und Honig schwitzen.
Herunten werden sie umschanzt
Mit auserlesnen Reben,
Mit Lauben, deren Zier so glanzt,
Daß ichs nicht weiß zu geben.
Es stehen haufenweis und frei,
Oliven, Mandeln, Feigen
Und Cedernbäum, je zwei und zwei,
Den Straßweg anzuzeigen.
Und alle diese Lieblichkeit
Pflegt für und für zu währen,
Es kann kein Alter, keine Zeit
Ihrn Saft und Glanz verzehren.
Es ist ein ewger Frühlingsschein,
Ein ewger Herbst im Lande.
Es dauert alles insgemein
In seiner Blüt und Stande.
Die Erde wird allzeit geziert
Von ihrem Seidensticker,
Der Wald steht immer wohl schattiert,
Die Luft wird niemals dicker.
Es hängen durch das ganze Jahr
Die Trauben an den Reben,
Das Obst reift fort, die Wollenschar
Pflegt stets am Klee zu kleben.
Es pflegt kein Wetter da zu sein,
Kein Donner wird gehöret,
Es fällt kein Reif noch Brand darein,
Kein Hagel, der zerstöret.
Man weiß vom Winter, Frost und Eis
Auch nicht ein Wort zu sagen,
Man hört auch über Sommer heiß
Nicht eine Mücke klagen.
Es schneit wohl zur Ergötzlichkeit,
Was? Lilien und Narzissen.
Es pflegt sich auch zu mancher Zeit
Ein Reglein zu ergießen.
Sein Wasser ist von Rosmarin
Und Rosen destillieret,
Von Majoran und von Jasmin,
Von Springauf abgeführet.
Es stürmt kein Wind in diesem Port
Und innerhalb der Brucken,
Der Blumen feind, der strenge Nord,
Darf hier nicht einmal mucken.
Es facht und webelt nur allein
Wie spielend durcheinander
Ein tausendkühles Lüftelein
Mit lieblichem Gewander.
Die Schönheit, Lust, Schmuck, Glanz und Pracht
Der Selgen, die da bleiben,
Hat noch kein Mensch je vorgebracht
Und recht gekonnt beschreiben.
Die Engel sind so voller Gunst,
So huldreich an Gebärden,
So freundlich, dienstig und umsonst
Als kein Geschöpf auf Erden.
Da können sie sich ohn Verdruß
Mit Speis und Trank anfüllen,
Doch nie mit allem Überfluß
Den süßen Hunger stillen.
Sie werden trunken von dem Wein
Und wolln doch immer trinken,
Bis sie in Vaters Schoß hinein
Unds ewge Bett versinken.
Da liegen sie in ewger Lust
Und ewigem Genießen,
Da muß das Herz in ihrer Brust,
Leib, Seel und Geist zerfließen,
Sie schwimmen wie die Fisch im Meer
Der ewgen Süßigkeiten
Und darf sie niemand hin noch her
Zu einem Brunnen leiten.
Nun, dieses ist die Seligkeit!
Doch hab ich nichts geschrieben.
Es ist noch mehr, was Gott bereit
Für die, so ihn hier lieben.
Kein Ohre hats noch nie gehört,
Kein Auge hats gesehen,
Kein sterblichs Herz wards je gelehrt,
Was recht dort wird geschehen.
So geh nun hin und halt dich wohl,
Daß dir der Streit gelinge,
Tu, was ein tapfrer Kämpfer soll,
Und sei dann guter Dinge.
Glaub, hoff und lieb und schrei zu Gott,
Daß du wirst aufgenommen,
Auf daß wir mögen durch den Tod
Nach Wunsch zusammenkommen.
Denn hier soll meine Bleibstatt sein,
Hier will ich überspringen,
In diesen Port will ich mich ein
Mit Sturm und Liebe dringen.
Hier will ich mir ein ewges Haus
Durch gute Werke bauen,
Auf daß ich ewig mög daraus
Gott und den Herrn anschauen.
Amen
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 3, München 1952, S. 267-313.
C.F.MEYER: FÜLLE
Genug ist nicht genug. Gepriesen werde
Der Herbst. Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte.
Tief beugt sich mancher allzureich beschwerte,
Der Fladen fällt mit dumpfem Laut zur Erde.
Genug ist nicht genug. Es lacht im Laube.
Die saftge Pfirsche winkt dem durstgen Munde.
Die trunknen Wespen summen in die Runde.
Genug ist nicht genug! um eine Traube.
Genug ist nicht genug. Mit vollen Zügen
Schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses,
Das Herz, auch es bedarf des Überflusses,
Genug kann nie und nimmermehr genügen.
Sie haben gehört: Vom Verschwinden der Spatzen (vom Land)
CATULL
Weinet, Charitinnen, weinet Amors,
Alles, was man artig nennet, weine.
Meines Mädchens einziges Vergnügen,
Meines Mädchens Sperling ist gestorben,
Den es mehr als seine Augen liebte;
Denn er war so allerliebst und artig,
So verständig, und so voll Empfindung,
Dass der minder nicht sein liebes Mädchen
Als das Mädchen seine Mutter kannte.
Nie bewegt er sich von ihrem Schoß:
Sondern hüpfte hier, und da, und dorten
Auf dem Schoße auf und nieder,
Ihr nur piepend, ihr alleine schmeichelnd.
Ach! izt wandert er die dunkle Straße,
Die man ewig nicht zurücke wandert.
Drum verfluch ich, Schatten des Cocytos,
Die ihr, was nur artig ist, verschlinget,
Drum verfluch ich euch, denn ihr entführtet,
Denn ihr stahlt mir ihn, den schönsten Sperling.
O verruchte Tat, o armer Sperling,
Durch dich schwellen, ach! von stetem Weinen,
Durch dich schwellen itzund und verderben
Meines holden Mädchens holde Augen.
(übersetzt von J.N. Goetz)
Geschmack, freie Wahl und ständige Verfügbarkeit
Ein positiver Beitrag für den Kuhkomfort,
Unterkontrollierter Luxuskomsun wird verhindert.
Der Gastwirt – der Landwirt. Der Landwirt bewirtschaftet das Land.
Der Gastwirt bewirtschaftet den Gast.
Nutzung, Verwertung, Belebung, Aufwertung des Worts. Aufwertung des Dings. Entwertung des Lebens. Gewinnen durch Vernichten: Termingeschäfte und Kriege.
Ästhetisch sinnvoll, andernorts Vergeudung. Welcher Art waren die Lebensmittel, die wir bei den vergangenen Schows vergeudet?
Vertreibung ist eine Funktion der Sesshaftigkeit – oder forciert: Wer als erster sagte, das ist meins!, brachte seine Mörder gleich mit (so Rousseau). Doch es soll hier weder gemordet noch entwurzelt werden.
SESSHAFTIGKEIT nach Streeruwitz: „Wir lernen bevor der Sprache mächtig sind. Wir werden demnach geprägt von unausgesprochenen Bildern der Verdammnis und des Glücks. Von tabuisierten, weil sprachlosen Aufträgen, die in uns eingepflanzt werden, bevor wir in der Lage sind, diese Aufträge zu erkennen oder überhaupt zu begreifen, dass sie uns erteilt werden.“
„Wieso ist es folgerichtig, im Namen Gottes den Außenhandel von den Menschenrechten zu trennen?“
„Wir wissen, dass wir es dem Hirten zu verdanken haben, wie es gekommen ist. Die als Herde geführte Menschengruppe musste hoffen lernen. Der Hirte musste das Schaf glauben machen. Glauben, die Weide würde auch am nächsten Tag gesichert sein. Und den Winter über. Das Schaf hätte ja sonst allen Grund gehabt, für sich selbst zu sorgen. Sich seine eigenen Weidegründe zu verschaffen. Sich dem Hirten nicht überlassen.
Dem Schritt von der Jagd zur Weidewirtschaft in der Entfernung vom Maß des natürlichen Kreislaufs zum vom Menschen geschaffenen Prinzip der Monokultur haben wir die Herdenorganisation, das Geld, die Sprache und die Stellung der Frau anzurechnen.
Der Schritt von der Jagdgesellschaft zur Herde gibt dem Hirten furchtbare Mache. Anders als in der Jagdgesellschaft, in der das Töten das gemeinsame Erlebnis darstellt, wird Töten zum geplanten Akt. Der Hirte bestimmt den Zugang zur Weide. Zugang zur Nahrung. Zugang zum Leben. Und. Damit sind wir schon im Heute angelangt.
Der Hirte bestraft die Streunenden. Und der Hirte bestimmt, wer mit am Tisch sitzen darf. Die Messen unserer Religionen, stellen, hochritualisisert, diese Vorgänge dar. Die Frage, wer am Mahl teilnehmen darf, war in allen Zeiten der Grund aller Auseinandersetzungen. Die Asyldebatte handelt davon. Und die Frage, wer am Arbeitsprozess teilnehmen darf, ebenso. (..)
Aus den Tübinger Poetikvorlesungen von Streeruwitz.
DIE SCHREIBWEISE DES NERVENSYSTEMS und die Agrikulturelle Schreibweise:
TAUSSIG: Gegen die agroindustrielle Schreibweise. In seinem Text: DER KORNWOLF. Beim Schreiben apotropäischer Texte. „Der Kornwolf ist (a) das, was sich in der letzten Garbe des geernteten Korns verbirgt; (b) die letzte Garbe selbst und (c) der Mann, der die letzte Garbe bindet.“
Seite 15: „Die agroindustrielle Schreibweise ist eine Produktionsweise (siehe Marx), die ihre Produktionsmittel verbirgt.“ Das Gegenteil davon: Schreibweise des Nervensystems.
Zum kapitalen Schaf
Wir wissen, dass sich der Begriff des Kapitals von caput ableitet– das heißt Kopf, genaugenommen aber handelt es sich um den Schafskopf. Die Schafe zu zählen, wurde erst nötig, als man begann, das Schaf und seine Derivate als Tauschmittel einzusetzen. Dazu musste das Kapital ermittelt werden, um das, was zur eigenen Subsistenz nötig war, von der Handelsware zu unterscheiden. Dies hat, so vermuten Anthropologen, die riskante und mühsame Praxis der Raubüberfälle abgelöst und den Tauschhandel eingeläutet. Später, vor ungefähr 2600 Jahren, trat das Geld als vermittelnde Instanz dazwischen. Und inzwischen zeigt es sich, dass es auch möglich ist, Geld zu verdienen, indem man Kapital vernichtet. Na kiek ma eener an. (Siehe auch: Spekulation mit Lebensmitteln)
DAS KAPITALE SCHAF
weißgetupfte tummelplätze: ein gut aufstelltes schaf.
die muskeln solide wie nylon, im dunkeln sind rippen,
der ausbau der haxen endet in mageren stöckchen.
aus den hufen gewinnt man knöpfe, dildos, prothesen.
darüber wummert talg und außen kraus das unterhaar.
das ist das schaf, wie es minütlich mehrwert produziert.
das ist das schaf danach auf dem weg zum superschaf.
das schaf mit zugespitzten schüsseln. das schaf,
das in den himmel zeigt, das schaf als bohrturm.
das visionäre zukunftsschaf, das schaf von morgen,
das zu geld gemachte, mörderisch beschleunigte,
millionenschwere weiße kissen, maximal und abgezählt.
mäuler kreisen, es kreist das mark, das kapitale schaf.
und es kommt immer wieder, zwei komma zwei, zwei
komma drei, zwei komma vier millionen schafe kreisen,
und am ende blinzelt, sehr müde, das schaf der vernunft.
DIE BODENPROBEN ANTIGONE:
Bodenproben. Die Bodenprobe zu: Das Endspiel. Oder: Der Nacktmull. Die Tülle.
Die Boden proben: Gilgamesch-Epos. Nein. Nein. Was probt denn der Boden? Antigone.
Der Rede Unverstand und die Furie des Denkens. Mit der Identifizierung von Hades und Dionysos. Es gelte den Staub zu denken, den Antigone in einem erzenen Gefäß gesammelt um ihren Bruder damit zu bedecken.
Nachdem die Brüder das gleiche Todeslos im Wechselmorde sich bereiteten.
Dem Boden war die Hölderlin-Übersetzung etwas unklar. Dunkel, sagte der Boden, sei ihm dies Eindeutschen. Ja. Der berühmten Eingangsworte des Chors der thebanischen Alten: Ungeheuer ist viel. Doch nichts / Ungeheuerer als der Mensch.
Wo Hölderlin übersetzt:
Und der Himmlischen erhabene Erde,
Die unverderbliche, unermüdete,
Reibet er auf; mit dem strebenden Pfluge
Von Jahr zu Jahr
Treibt sein Verkehr er mit dem Rossegeschlecht,
Übersetzt Kuchenmüller etwas zugänglicher:
Erde, der Götter höchste,
Die unerschöpfliche, unermüdliche
Bedrängt sein Pflug. Auf und ab
Ackern die Rosse ihm Jahr um Jahr
Leichtgesinnter Vögel Volk
Fängt er im Garn
Wilder Tiere Geschlechter
Und Kinder des Meers
Im verschlungenen Netzgeflecht,
der Kluge Mensch.
Mit List bezwingt er,
Was haust auf Höhen
Und schweift im Freien.
Dem Pferd mit der mächtigen Mähne,
dem unbändigen Bergstier
Zähmt er den Nacken
Unter das Joch.
Gewaltiges macht nämlich auch viel Mühe.
Ja Schreckliches, das ists doch, was mich hemmt.
Ich weiß nicht. Allzu tiefes Schweigen macht
Mich so bedenklich wie zu lauter Schrei.
Wir werden sehn, ob ihr empörtes Herz
Nicht doch geheimen Plan vor uns verbirgt.
Gehn wir hinein ins Haus! Denn du hast recht.
Unheimlich ist dies allzu starre Schweigen.
Ich weiß nicht. Doch das allzugroße Schweigen
Scheint bei vergebnem Schreien mir bedeutend.
Laß sehen uns, ob nicht Verhaltenes
Geheim verberg ihr schwellend Herz; hinein
Ins Haus gehn. Denn du redest wohl, es ist
Bedeutend auch das allzugroße Schweigen.
„Die Denkversuche der Protagonisten helfen uns nicht weiter: sie reden mit Schärfe gegeneinander, aber verstehen einander nicht, keiner nimmt etwas von dem andern in sich auf, um es in sich zu bewegen und ihm verändert zurückzugeben, die Einsamkeit dieses Nebeneinanderher-, Aneinandervorebiredens schürt den Schrecken und läßt jederzeit Katastrophen erwarten. Dem Chor ist der Schrecken wohlvertraut, er weiß ihn immer wieder aufzurufen und zu resümieren – aber das hindert ihn nicht, im gleichen Atemzug den Bildern des Schreckens einen unerhörten epiphanischen Rang zu geben. Alle Sphären der Natur erscheinen zugleich mit diesem Schrecken, und durchaus nicht nur als das Schreckhaft-Erhabene, sondern (..) als das Erschrocken-Schöne zugleich.“
Dionysische Orgien der Selbstzerstörung.
Erst gab es den Wald, dann gab es das Vieh. Eine kolumbianische Geschichte.
„Once there was forest. They cleared the forst and grew plantains and corn. Then came the cattle. Everyone loves cattle. There is something magical about cattle. From the poorest peasant to the president of the republic, they all want cattle and they always want more – more cattle, that is. The word „cattle“ is the root of capital, as in capitalism. The Communist Guerilla saw their chance. They started to tax the cattlemen, and in retaliation the cattlemen hired killers called paramilitaries to clear the land of people so as to protect their cattle and then their cocaine trafficking cousins and friends and now their plantations of African palm for biofuel as well. Before long they owned a good deal more than that. They owned the mayors. They owned the governors of the different provinces, the owned most of Congress and most of president’s cabinet. The just-retired president of the republis comes from Medellin, and he too is a noted cattleman, retiring to his ranch whenever is possible, to brand cows. Imagine a cow without a brand, without an owner! Running free in no-man’s-land!“
Die Sünde der Völlerei aus MEIER HELMBRECHT
(Bauernsohn strebt Karriere als Raubritter an, die Kappe verriet es ja längst )
Lemberslint (Schling das Lamm),
Slickenwider (Schluck das Widder),
Küefrâz (Kühefresser)
Slintezgeu (Schling das Land)
Wolvesdrüzzel (Wolfsschnauze),
Wolvesguome (Wolfsrachen)
Wolvesdarm (Wolfsbauch)
Müschenkelh (Zerschlage den Kelch)
Rütelschrîn (Rüttel den Schrein)
Hellesac (Höllensack)
NACKTMULCH. Was ist denn Erwartername? Was? Dein Erwarter. Was? Na, dein Er-War-Taren-Name. Nacktmulch, mein ErwartarenName ist NACKTMULCH. Ich erwarte Anwendungen.
Die Aggression der Zerbrechlichen
Sie kennen schon die Gefahr des Aufgehens ohne Grenzen? Was bewirtschafte ich, frage ich. Und antworte mir mit einem Zitat, das nicht passt. Wirklich nicht. Am unteren Rand notiert: Land Ausbeutung Produktivmachung Wirtschaft Essen gehen Kannibalisierung Stall Kannibalisierung Stall. Am oberen Rand notiert: Stecker ziehen an dem die unsterblichen Menschen hängen, schreien, sie über die Kacheln stoßen. Es ist nicht richtig. Ich habe den ganzen Zusammenhang vergessen. Beschäftigen wir uns vorerst mit der Aggression der Zerbrechlichen – der Impuls ist enorm.
Das Raumschiff – das mit Düngemitteln betankte Raumschiff. Raumfahrt und Landwirtschaft. Wir bewirtschaften Flächen auf diversen anderen Planeten. Aus Gründen. Aus außerweltlichen Gründen war ich leider nicht in der Lage die Umsatzsteuervorankündigung zum gebotenenen und bitte Sie daher um Fristverlängerung, die Ernte muss eingeholt werden.
Man muss das Wesen auch zu nutzen wissen Unser Witzbold, der Herr Philosoph produziert heute nahrhaftes Gedankengut. Wir legen es sogleich auf den Grill. Sehr faserige Argumentationen. Silo Denkfabrik. Es siedet, gärt und dampft. Es wackelt! Fackelt! (Wenn ein liebendes Herz wird betrogen, so flackert wilder die Leidenschaft auf, aber die Liebe erlischt. // How so? you ask. Such dirt heaps up my love, but buries all my friendliness.) Es ist schmackhaft, aber schmackhaft ist was anderes.
Industrialiserung, darin eingespannt die Tiere.
Bio-Politik und Milchkühe auf Speed. Würdest du bitte das Speed und das Vieh rüberbringen?
Oder der Bauer der sagte, er kaufe jetzt für die Kühe: Matratzen. Damit sie sich von innen her mit Milch vollsaugen, die er ihnen dann abnimmt. Nicht die Matratzen, nicht den Matratzen, den Kühen.
Verkehr mit den Unkörperlichen
Geisterviehzucht
Spiritistsiche Milchwirtschaft
DER SCHIFFSKOCH, ein Gefangener, singt:
Weh, geschieden von den Meinigen
Lieg ich hier seit vielen Wochen;
Ach, und denen, die mich peinigen
Muss ich Mahl um Mahlzeit kochen.
Schöne purpurflossige Fische,
Die sie mir lebendig brachten,
Schauen aus gebrochenen Augen,
Sanfte Tiere muss ich schlachten.
Stille Tiere muss ich schlachten,
Schöne Früchte muss ich schälen
Und für die, die mich verachten
Feurige Gewürze wählen.
Und wie ich gebeugt beim Licht in
Süß- und scharfen Düften wühle,
Steigen auf ins Herz der Freiheit
Ungeheuere Gefühle.
Weh, geschieden von den Meinigen,
Lieg ich her seit wieviel Wochen.
Ach und denen, die mich peinigen,
Muss ich Mahl- um Mahlzeit kochen.
Hugo von Hofmannsthal
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Bürgerkrieg kann nur durch Bürgerkrieg kritisiert werden.
Jedes Konzept kommt an seine eigenen Grenzen.
Ach, furchtbar ist Gewissen ohne Wahrheit.
Furchtbar, wenn einer glaubt und glaubt verkehrt.
Kleist schreibt nach Frankfurt:
Ich bitte Gott um den Tod
– – – – – und dich um Geld.
Es lässt sich alles lesen. Die Furchen. Die Spuren. Das Spreu. „Progressiv ist der Eindruck, regressiv ist die Wiederholung des Eindrucks, die Versinnlichung. Ein solcher Versinnlichungszusammenhang ist unter anderem, was Topik leistet. An jeder Stelle dessen, was ich erinnere, muss ich mir darüber im Klaren sein, wie – wenn es sich um Ding-Erinnerung handelt – diese Erinnerung entstanden ist und wie ich sie neu einsetzen kann. Was passiert eigentlich genau bei dieser Versinnlichung von Erinnerung? Alles was Spuren hinterlässt, hat deshalb einen Sinn, weil es Spuren hinterlässt. Es wird also, wenn man sich erinnert, mit Spur als Spur regrediert. Man glaubt auf der Spur zurückzugehen.“ (SBM)
DIE drei- bis fünffache SCHOWFOLGE
Seit dem frühen Mittelalter unserer Produktivität betreiben zur Erhaltung derselben wir die so genannte Schowfolge. Hierbei orientieren wir uns an der Dreifelderwirtschaft. Nachdem wir in H. mit einer kaum je da gewesenen Fahrigkeit die Frage der Substanzen in jeder Hinsicht erhellten, wird nach den Gesetzen der Wucht und Unwucht diese Schow zur Landwirtschaft von einer ungewohnten Informationslastigkeit, das heißt höchst instruktiv sein. Dies tun wir zu Erhaltung der Ressourcen, die wir wechselhaft ausbeuten, um uns selbst die Möglichkeit geben, uns zu erholen.
Sie haben aber bei allem Glück: Schließlich gibt es Schows, die in der Phase der Brache zu Liegen kommen, respektive der gebotenen Erholung durch Verwahrlosung (Unbewirtschaftung) erliegen. Rosmarie Waldrop fand hierfür den Begriff des Gap Gardening, eine Hege der Breschen oder auch Hortikultur der Lücke. Es ist ein wechselhaftes Geschehen, es ist dabei der Wechsel, der uns erhält.
GAP GARDENING
„Keine Landschaft, kein Werk und keine Geschichte ohne zufällige Umstände oder singuläre Ereignisse, die um sie herum eine Art kantonaler Abgrenzung schaffen, welche für den unerwartet ist, der aus der Umgebung kommt.“ (Die fünf Sinne, Seite 319)
„Stimmen, in die Seite gepflanzt, reifen nicht, noch tragen sie Früchte. Nicht erklärt die Aufstellung hier die Leere, sondern pflegt sie. Die Stimmen halten inne, beginnen von neuem. Eine Hege der Breschen, welche, vom rechten Rand einwärts bewegt, die Zeit aufhebt. Die Aufhebung setzt ein, ist gesetzt, in Druck, in Spalten, die falsche Erinnerungen an Garten, Weinberg, Laube aufkommen lassen. Zitterndes Laub, die Regeln vom schwarzen Daumen und weißem, unsichtbarer Winkel von Atem und Festkörper.“ Rosmarie Waldrop: Reluctant Gravities. New York 1999, S. 4
„Voices, planted on the page, do not ripen or bear fruit. Here placement does not explain, but cultivates the vacancy between them. The voices pause, start over. Gap gardening which, moved inward from the right margin, suspends time. The suspension sets, is set, in type, in columns that precipitate false memories of garden, vineyard, trellis. Trembling leaf, rules of black thumb and white, invisible angle of breath and solid state.“
Gap Gardening – eine Art semantischer und rhythmischer Auslichtung des Textblocks, aber auch ein randständiger Garten, das Umsorgen und Hegen der Lücke, oder die Beleihung des Gartens mit Leerfeldern, mit Durchlässigkeit und unbestimmtem Raum. Viele abstrakte Begriffe weisen in ihrer Wortgeschichte landwirtschaftliche Bedeutungsanteile auf. Im Griechenland des sechsten vorchristlichen Jahrhunderts begegnet der Vers als boustrophedon, da damals nicht von links nach rechts geschrieben wurde, sondern vor und zurück – die ungerade nummerierten Zeilen wiesen in eine, die gerade nummerierten in die andere Richtung – benannt nach der Bewegung des Ochsens, der den Pflug auf dem Feld hin- und herzieht.
Im französichen Wort paysage wirken Erinnerungen an heidnische Bauern, den heidnischen Gott im Landschaftselement fort: Paysage, paysan, paien: „Topologie einer Karte, die aus disparaten, unterschiedlich gefärbten, auf bizarre Weise ineinander verschachtelten Feldern zusammengesetzt war, ein zerfetzter Umhang aus Weinbergen, Wiesen, Äckern, Wäldern …“ So Serres, in „Die fünf Sinne“. Es passiert in der Landschaft, es passiert auf der Seite. Der Bauer, schreibt Serres weiter, habe die Landschaft pagus für pagus zusammengesetzt, ein Wort aus der alten Agrarsprache, das ebenso wie das Verb pangere die Seite pagina angibt: “ … jene, die ich heute morgen in regelmäßigen Furchen bearbeite, mit dem Pflug meines Stiftes, die kleine Tranche, auf der die Existenz dessen, der da schreibt, sich festmacht, einpflanzt oder niederlässt, auf der er sie besingt.“ (318)
Doch wir sprechen nicht von Feldarbeit per se, wir sprechen von poetischer Feldarbeit. Prosa ließe sich, ein geeignetes Seitenformat vorausgesetzt, einmal rund um den Erdball schreiben. Dichtung bleibt in gewisser Weise am selben Ort, geht hinein und hinaus, türmt, stapelt, verdichtet, setzt sich Grenzen, bricht sie, kehrt zum Einen zurück, singt, wiederholt, geht tiefer in den Gedanken, untergräbt den Gegenstand, baut ihn aus, flieht ihn, kommt wieder, aber tut das nicht auf linearem Weg. Die Versbewegung suggeriert ein Bleiben, eine Fixation, eine Sorge – was in nicht als ein Lob der Immobilität missverstanden werden soll. Es geht ja weiter. Das Fortschreiten ist tropisch. „Gap gardening which, moved inward from the right margin, suspends time“, wie es bei Rosmarie Waldrop hieß – in ein zitterndes Dasein, eine andere Form der Zwangsläufigkeit, die viele, die multiple Richtungen kennt. Ich denke an den in lichtlose Erde vertieften Garten, an das Voruns des Gartens, eine leicht gebeugte Haltung, eine Hocke, eine Rast in kollabiertem Gelände. Weinberger spricht von einem zum anmutigen Ort verkommenen Gebiet, von präziser Achtlosigkeit. Das ist nicht das Gegenteil von Aneignung. Es scheint mir eher eine Haltung, die sich das Eindringen der Chaosangst zunutze macht, jene von leichter Panik begleitete Lebensfreude, die sowohl gelöste wie auch gebundene Mannigfaltigkeit im Gedicht. Gärten, Gebiete, immunisiert durch Störung, komplexe Bewüchse, mittels derer eine Art von metaphorischer Fusion von Abwehr und Hege erreicht wird. In W.C. Williams Gedicht „A SORT OF A SONG“ soll die Schlange unter dem Kraut warten, das Schreiben langsam sein und schnell, scharf und zutreffend, ruhig zuwartend, ohne Rast und ohne Hast, schlaflos: „- through metaphor to reconcile / the people and the stones. / Compose. (No ideas / but in things) Invent! / Saxifrage is my flower that splits / the rocks.“
LAND – WIRT – SCHAFT –
LANDWIRT – SCHANKWIRT – SCHAFTWIRT.
Bewirtschaftung des Gehirnstoffwechsels – durch Psychopharmaka bringt als Ernte Frohsinn, nur Frohsinn hervor, so viel Frohsinn, dass der zu kippen droht, bevor man ihn zu Ende gelebt hat mit dem armen Körper, der durch all die chemischen Verfechtungen taumelt und um Einspeicherung bittet, for further generations. Im Silo gärt der Frohsinn. An wen werden wir ihn verfüttern? Was werden wir dadurch gewinnen? Hoho, ein Hoch auf die Biomacht.
Hierzu: Aus SPEED: „Die Erklärung der psychischen Konflikte des Menschen aus seiner Physiologie und die daraus abgeleitete Behandlung mit Medikamanten bildet ein wesentliches Element innerhalb einer Radikalisierung der normativen Biopolitik. Den ursprünglich dem nationalsozialistischen Vokabular entstammende Begriff hat der französische Wissenshistoriker Michel Foucault in den Siebzigerjahren neu geprägt. (..) Der „Eintritt des Lebens und seiner Mechanismen in den Bereich der bewussten Kalküle und Verwandlung des Machtwissens in einen Transformationsagenten des menschlichen Lebens“ wird zudem ab dem Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im wachsenden Ausmaß durch die von Foucault moch wenig beachtete Gesundheitsindustrie bestimmt, die sich in den letzten Jahren, in Ableitung der Übersetzung des altgriechischen Wortes „Bios“ immer öfter „Lebensindustrie“ nennt.“ (168f) Hans-Christian Dany
FOUCAULT – WILLE ZUM WISSEN:
ALLEINSEITIGKEIT – das glaube ich nicht.
Und nun zur Ernte. Löblich. Apokalyptisierend. Gut gedüngt.
Werden nun berichten aus den EWIGEN FREUDEN DER SELIGEN.
Nach der Apokalypse. Die ewige Seligkeit am Ende der Welt.
Hier ist ein Beet von Tausendschön,
Da voller Tulipanen,
Dort pflegt die Goldwurz aufzustehn
Mit ihren gelben Fahnen.
Hier zeiget sich die Anemon,
Der Nelken samtne Wangen,
Dort steht die stolze Kaiserkron
Beim türkschen Bunde prangen.
Alls ist mit solchem Fleiß und Kunst
So zierlich angeleget,
Daß es die Augen stracks zur Gunst,
Das Herz zur Lust beweget.
Kein Perlenhefter hat ein Tuch
So künstlich ausgesticket,
Als dieses Wunderblumenbuch
Sich ineinander schicket.
Aus diesem Garten kann man bald
In einen andern gehen,
In dem die Bäume jung und alt
In bester Ordnung stehen.
Da hat man mit Verwunderung
Die schönsten Frücht in Augen,
Es ist kein Stäudlein ja so jung,
Das nicht sollt etwas taugen.
Auf diesem läßt sich eine Schar
Der Jungfernäpfel sehen,
Auf jenem wird man bald gewahr,
Wie sich die Birnen drehen.
Ein andrer ist von Pfirschken schwer,
Ein andrer von Morelchen,
Ein andrer wanket hin und her
Mit Muskatellerkelchen.
Ergötzlich ist es anzusehn,
Wenn sich die Pomeranzen
Von Lüften hin und wieder drehn
Und auf den Ästen tanzen.
Wenn die Zitronen klein und groß
Sich auf die Erde neigen
Und die Granaten fast ganz bloß
Und reif zum Essen zeigen.
Draus kommt man in das freie Feld,
Das hat ein schön Gesichte,
Man siehet eine solche Welt,
Die unsre macht zu nichte.
Da liegt ein Berg, da steht ein Wald,
Da ruhen Aun und Wiesen,
Ein jegliches ganz wohlgestalt
Und nie genug gepriesen.
Man siehet stracks die liebe Saat
Auf etlich hundert Morgen,
Sie wächst ohn allen Mißgerat
Goldstriemig und ohn Sorgen.
Es hat der Kürbisse so viel
Und zückerne Melonen,
Daß man sich, wie man immer will,
Nicht kann vor ihnen schonen.
Das Wild ist sämtlich da nicht wild,
Kein einzigs ist zu scheuen,
Der Leopard geht sanft und mild,
Man scherzet mit den Leuen.
Ein Jauchzen und ein Lustgeschrei
Hört man bei dem Gehetze,
Der Hirsch hängt sein verguldt Geweih
Freiwillig an das Netze.
Es quilln viel lautre Brünnelein,
Die den Kristall beschämen,
Viel Bächlein rinnen, die den Schein
Dem Fraueneis benehmen.
Ausbündig günstig kommen drinn
Die Wiesen und die Matten,
Es hat da, was er will, der Sinn,
Schöns Licht und schönen Schatten.
Nahbei findt man mit sondrem Schein
Erbauet Schäfereien,
Die Schäflein sind so hübsch und fein,
Daß sie das Herz erfreuen.
Sie tragen Seiden statt der Woll
Und silbernes Gespinste,
Sie gehn so häufig fett und voll
Ohn alles Mißgegünste.
Die Fische sind so wundersam,
So lustbar in den Teichen,
So günstig, daß man sie vom Damm
Mit Händen kann erreichen.
Sie schimmeren wie Goldgeschmeid,
Sie spielen fast so feine
Wie Perlenmutter und zur Zeit
Wie edele Gesteine.
Die Hügel muß ich sonderlich
In diesem Schauplatz preisen,
Sie sehn so lustig rund um sich,
Als wollten sie sich weisen.
Sie sind durchscheinend allzumal
Wie die polierten Glasen,
Sind wohl bewachsen überall
Mit Gold, Grün und mit Rasen.
Der ein ist lauter von Saphir,
Der andre von Kristallen,
Der ein Smaragd, ein andrer schier
Wie Bernstein und Korallen.
Sie sind voll Segens und voll Tau,
Man siehet ihre Spitzen
Von fern hernieder auf die Au
Mit Milch und Honig schwitzen.
Herunten werden sie umschanzt
Mit auserlesnen Reben,
Mit Lauben, deren Zier so glanzt,
Daß ichs nicht weiß zu geben.
Es stehen haufenweis und frei,
Oliven, Mandeln, Feigen
Und Cedernbäum, je zwei und zwei,
Den Straßweg anzuzeigen.
Und alle diese Lieblichkeit
Pflegt für und für zu währen,
Es kann kein Alter, keine Zeit
Ihrn Saft und Glanz verzehren.
Es ist ein ewger Frühlingsschein,
Ein ewger Herbst im Lande.
Es dauert alles insgemein
In seiner Blüt und Stande.
Die Erde wird allzeit geziert
Von ihrem Seidensticker,
Der Wald steht immer wohl schattiert,
Die Luft wird niemals dicker.
Es hängen durch das ganze Jahr
Die Trauben an den Reben,
Das Obst reift fort, die Wollenschar
Pflegt stets am Klee zu kleben.
Es pflegt kein Wetter da zu sein,
Kein Donner wird gehöret,
Es fällt kein Reif noch Brand darein,
Kein Hagel, der zerstöret.
Man weiß vom Winter, Frost und Eis
Auch nicht ein Wort zu sagen,
Man hört auch über Sommer heiß
Nicht eine Mücke klagen.
Es schneit wohl zur Ergötzlichkeit,
Was? Lilien und Narzissen.
Es pflegt sich auch zu mancher Zeit
Ein Reglein zu ergießen.
Sein Wasser ist von Rosmarin
Und Rosen destillieret,
Von Majoran und von Jasmin,
Von Springauf abgeführet.
Es stürmt kein Wind in diesem Port
Und innerhalb der Brucken,
Der Blumen feind, der strenge Nord,
Darf hier nicht einmal mucken.
Es facht und webelt nur allein
Wie spielend durcheinander
Ein tausendkühles Lüftelein
Mit lieblichem Gewander.
Die Schönheit, Lust, Schmuck, Glanz und Pracht
Der Selgen, die da bleiben,
Hat noch kein Mensch je vorgebracht
Und recht gekonnt beschreiben.
Die Engel sind so voller Gunst,
So huldreich an Gebärden,
So freundlich, dienstig und umsonst
Als kein Geschöpf auf Erden.
Da können sie sich ohn Verdruß
Mit Speis und Trank anfüllen,
Doch nie mit allem Überfluß
Den süßen Hunger stillen.
Sie werden trunken von dem Wein
Und wolln doch immer trinken,
Bis sie in Vaters Schoß hinein
Unds ewge Bett versinken.
Da liegen sie in ewger Lust
Und ewigem Genießen,
Da muß das Herz in ihrer Brust,
Leib, Seel und Geist zerfließen,
Sie schwimmen wie die Fisch im Meer
Der ewgen Süßigkeiten
Und darf sie niemand hin noch her
Zu einem Brunnen leiten.
Nun, dieses ist die Seligkeit!
Doch hab ich nichts geschrieben.
Es ist noch mehr, was Gott bereit
Für die, so ihn hier lieben.
Kein Ohre hats noch nie gehört,
Kein Auge hats gesehen,
Kein sterblichs Herz wards je gelehrt,
Was recht dort wird geschehen.
So geh nun hin und halt dich wohl,
Daß dir der Streit gelinge,
Tu, was ein tapfrer Kämpfer soll,
Und sei dann guter Dinge.
Glaub, hoff und lieb und schrei zu Gott,
Daß du wirst aufgenommen,
Auf daß wir mögen durch den Tod
Nach Wunsch zusammenkommen.
Denn hier soll meine Bleibstatt sein,
Hier will ich überspringen,
In diesen Port will ich mich ein
Mit Sturm und Liebe dringen.
Hier will ich mir ein ewges Haus
Durch gute Werke bauen,
Auf daß ich ewig mög daraus
Gott und den Herrn anschauen.
Amen
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 3, München 1952, S. 267-313.
C.F.MEYER: FÜLLE
Genug ist nicht genug. Gepriesen werde
Der Herbst. Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte.
Tief beugt sich mancher allzureich beschwerte,
Der Fladen fällt mit dumpfem Laut zur Erde.
Genug ist nicht genug. Es lacht im Laube.
Die saftge Pfirsche winkt dem durstgen Munde.
Die trunknen Wespen summen in die Runde.
Genug ist nicht genug! um eine Traube.
Genug ist nicht genug. Mit vollen Zügen
Schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses,
Das Herz, auch es bedarf des Überflusses,
Genug kann nie und nimmermehr genügen.
Sie haben gehört: Vom Verschwinden der Spatzen (vom Land)
CATULL
Weinet, Charitinnen, weinet Amors,
Alles, was man artig nennet, weine.
Meines Mädchens einziges Vergnügen,
Meines Mädchens Sperling ist gestorben,
Den es mehr als seine Augen liebte;
Denn er war so allerliebst und artig,
So verständig, und so voll Empfindung,
Dass der minder nicht sein liebes Mädchen
Als das Mädchen seine Mutter kannte.
Nie bewegt er sich von ihrem Schoß:
Sondern hüpfte hier, und da, und dorten
Auf dem Schoße auf und nieder,
Ihr nur piepend, ihr alleine schmeichelnd.
Ach! izt wandert er die dunkle Straße,
Die man ewig nicht zurücke wandert.
Drum verfluch ich, Schatten des Cocytos,
Die ihr, was nur artig ist, verschlinget,
Drum verfluch ich euch, denn ihr entführtet,
Denn ihr stahlt mir ihn, den schönsten Sperling.
O verruchte Tat, o armer Sperling,
Durch dich schwellen, ach! von stetem Weinen,
Durch dich schwellen itzund und verderben
Meines holden Mädchens holde Augen.
(übersetzt von J.N. Goetz)
Geschmack, freie Wahl und ständige Verfügbarkeit
Ein positiver Beitrag für den Kuhkomfort,
Unterkontrollierter Luxuskomsun wird verhindert.
Der Gastwirt – der Landwirt. Der Landwirt bewirtschaftet das Land.
Der Gastwirt bewirtschaftet den Gast.
Nutzung, Verwertung, Belebung, Aufwertung des Worts. Aufwertung des Dings. Entwertung des Lebens. Gewinnen durch Vernichten: Termingeschäfte und Kriege.
Ästhetisch sinnvoll, andernorts Vergeudung. Welcher Art waren die Lebensmittel, die wir bei den vergangenen Schows vergeudet?
Vertreibung ist eine Funktion der Sesshaftigkeit – oder forciert: Wer als erster sagte, das ist meins!, brachte seine Mörder gleich mit (so Rousseau). Doch es soll hier weder gemordet noch entwurzelt werden.
SESSHAFTIGKEIT nach Streeruwitz: „Wir lernen bevor der Sprache mächtig sind. Wir werden demnach geprägt von unausgesprochenen Bildern der Verdammnis und des Glücks. Von tabuisierten, weil sprachlosen Aufträgen, die in uns eingepflanzt werden, bevor wir in der Lage sind, diese Aufträge zu erkennen oder überhaupt zu begreifen, dass sie uns erteilt werden.“
„Wieso ist es folgerichtig, im Namen Gottes den Außenhandel von den Menschenrechten zu trennen?“
„Wir wissen, dass wir es dem Hirten zu verdanken haben, wie es gekommen ist. Die als Herde geführte Menschengruppe musste hoffen lernen. Der Hirte musste das Schaf glauben machen. Glauben, die Weide würde auch am nächsten Tag gesichert sein. Und den Winter über. Das Schaf hätte ja sonst allen Grund gehabt, für sich selbst zu sorgen. Sich seine eigenen Weidegründe zu verschaffen. Sich dem Hirten nicht überlassen.
Dem Schritt von der Jagd zur Weidewirtschaft in der Entfernung vom Maß des natürlichen Kreislaufs zum vom Menschen geschaffenen Prinzip der Monokultur haben wir die Herdenorganisation, das Geld, die Sprache und die Stellung der Frau anzurechnen.
Der Schritt von der Jagdgesellschaft zur Herde gibt dem Hirten furchtbare Mache. Anders als in der Jagdgesellschaft, in der das Töten das gemeinsame Erlebnis darstellt, wird Töten zum geplanten Akt. Der Hirte bestimmt den Zugang zur Weide. Zugang zur Nahrung. Zugang zum Leben. Und. Damit sind wir schon im Heute angelangt.
Der Hirte bestraft die Streunenden. Und der Hirte bestimmt, wer mit am Tisch sitzen darf. Die Messen unserer Religionen, stellen, hochritualisisert, diese Vorgänge dar. Die Frage, wer am Mahl teilnehmen darf, war in allen Zeiten der Grund aller Auseinandersetzungen. Die Asyldebatte handelt davon. Und die Frage, wer am Arbeitsprozess teilnehmen darf, ebenso. (..)
Aus den Tübinger Poetikvorlesungen von Streeruwitz.
DIE SCHREIBWEISE DES NERVENSYSTEMS und die Agrikulturelle Schreibweise:
TAUSSIG: Gegen die agroindustrielle Schreibweise. In seinem Text: DER KORNWOLF. Beim Schreiben apotropäischer Texte. „Der Kornwolf ist (a) das, was sich in der letzten Garbe des geernteten Korns verbirgt; (b) die letzte Garbe selbst und (c) der Mann, der die letzte Garbe bindet.“
Seite 15: „Die agroindustrielle Schreibweise ist eine Produktionsweise (siehe Marx), die ihre Produktionsmittel verbirgt.“ Das Gegenteil davon: Schreibweise des Nervensystems.
Zum kapitalen Schaf
Wir wissen, dass sich der Begriff des Kapitals von caput ableitet– das heißt Kopf, genaugenommen aber handelt es sich um den Schafskopf. Die Schafe zu zählen, wurde erst nötig, als man begann, das Schaf und seine Derivate als Tauschmittel einzusetzen. Dazu musste das Kapital ermittelt werden, um das, was zur eigenen Subsistenz nötig war, von der Handelsware zu unterscheiden. Dies hat, so vermuten Anthropologen, die riskante und mühsame Praxis der Raubüberfälle abgelöst und den Tauschhandel eingeläutet. Später, vor ungefähr 2600 Jahren, trat das Geld als vermittelnde Instanz dazwischen. Und inzwischen zeigt es sich, dass es auch möglich ist, Geld zu verdienen, indem man Kapital vernichtet. Na kiek ma eener an. (Siehe auch: Spekulation mit Lebensmitteln)
DAS KAPITALE SCHAF
weißgetupfte tummelplätze: ein gut aufstelltes schaf.
die muskeln solide wie nylon, im dunkeln sind rippen,
der ausbau der haxen endet in mageren stöckchen.
aus den hufen gewinnt man knöpfe, dildos, prothesen.
darüber wummert talg und außen kraus das unterhaar.
das ist das schaf, wie es minütlich mehrwert produziert.
das ist das schaf danach auf dem weg zum superschaf.
das schaf mit zugespitzten schüsseln. das schaf,
das in den himmel zeigt, das schaf als bohrturm.
das visionäre zukunftsschaf, das schaf von morgen,
das zu geld gemachte, mörderisch beschleunigte,
millionenschwere weiße kissen, maximal und abgezählt.
mäuler kreisen, es kreist das mark, das kapitale schaf.
und es kommt immer wieder, zwei komma zwei, zwei
komma drei, zwei komma vier millionen schafe kreisen,
und am ende blinzelt, sehr müde, das schaf der vernunft.
DIE BODENPROBEN ANTIGONE:
Bodenproben. Die Bodenprobe zu: Das Endspiel. Oder: Der Nacktmull. Die Tülle.
Die Boden proben: Gilgamesch-Epos. Nein. Nein. Was probt denn der Boden? Antigone.
Der Rede Unverstand und die Furie des Denkens. Mit der Identifizierung von Hades und Dionysos. Es gelte den Staub zu denken, den Antigone in einem erzenen Gefäß gesammelt um ihren Bruder damit zu bedecken.
Nachdem die Brüder das gleiche Todeslos im Wechselmorde sich bereiteten.
Dem Boden war die Hölderlin-Übersetzung etwas unklar. Dunkel, sagte der Boden, sei ihm dies Eindeutschen. Ja. Der berühmten Eingangsworte des Chors der thebanischen Alten: Ungeheuer ist viel. Doch nichts / Ungeheuerer als der Mensch.
Wo Hölderlin übersetzt:
Und der Himmlischen erhabene Erde,
Die unverderbliche, unermüdete,
Reibet er auf; mit dem strebenden Pfluge
Von Jahr zu Jahr
Treibt sein Verkehr er mit dem Rossegeschlecht,
Übersetzt Kuchenmüller etwas zugänglicher:
Erde, der Götter höchste,
Die unerschöpfliche, unermüdliche
Bedrängt sein Pflug. Auf und ab
Ackern die Rosse ihm Jahr um Jahr
Leichtgesinnter Vögel Volk
Fängt er im Garn
Wilder Tiere Geschlechter
Und Kinder des Meers
Im verschlungenen Netzgeflecht,
der Kluge Mensch.
Mit List bezwingt er,
Was haust auf Höhen
Und schweift im Freien.
Dem Pferd mit der mächtigen Mähne,
dem unbändigen Bergstier
Zähmt er den Nacken
Unter das Joch.
Gewaltiges macht nämlich auch viel Mühe.
Ja Schreckliches, das ists doch, was mich hemmt.
Ich weiß nicht. Allzu tiefes Schweigen macht
Mich so bedenklich wie zu lauter Schrei.
Wir werden sehn, ob ihr empörtes Herz
Nicht doch geheimen Plan vor uns verbirgt.
Gehn wir hinein ins Haus! Denn du hast recht.
Unheimlich ist dies allzu starre Schweigen.
Ich weiß nicht. Doch das allzugroße Schweigen
Scheint bei vergebnem Schreien mir bedeutend.
Laß sehen uns, ob nicht Verhaltenes
Geheim verberg ihr schwellend Herz; hinein
Ins Haus gehn. Denn du redest wohl, es ist
Bedeutend auch das allzugroße Schweigen.
„Die Denkversuche der Protagonisten helfen uns nicht weiter: sie reden mit Schärfe gegeneinander, aber verstehen einander nicht, keiner nimmt etwas von dem andern in sich auf, um es in sich zu bewegen und ihm verändert zurückzugeben, die Einsamkeit dieses Nebeneinanderher-, Aneinandervorebiredens schürt den Schrecken und läßt jederzeit Katastrophen erwarten. Dem Chor ist der Schrecken wohlvertraut, er weiß ihn immer wieder aufzurufen und zu resümieren – aber das hindert ihn nicht, im gleichen Atemzug den Bildern des Schreckens einen unerhörten epiphanischen Rang zu geben. Alle Sphären der Natur erscheinen zugleich mit diesem Schrecken, und durchaus nicht nur als das Schreckhaft-Erhabene, sondern (..) als das Erschrocken-Schöne zugleich.“
Dionysische Orgien der Selbstzerstörung.
Erst gab es den Wald, dann gab es das Vieh. Eine kolumbianische Geschichte.
„Once there was forest. They cleared the forst and grew plantains and corn. Then came the cattle. Everyone loves cattle. There is something magical about cattle. From the poorest peasant to the president of the republic, they all want cattle and they always want more – more cattle, that is. The word „cattle“ is the root of capital, as in capitalism. The Communist Guerilla saw their chance. They started to tax the cattlemen, and in retaliation the cattlemen hired killers called paramilitaries to clear the land of people so as to protect their cattle and then their cocaine trafficking cousins and friends and now their plantations of African palm for biofuel as well. Before long they owned a good deal more than that. They owned the mayors. They owned the governors of the different provinces, the owned most of Congress and most of president’s cabinet. The just-retired president of the republis comes from Medellin, and he too is a noted cattleman, retiring to his ranch whenever is possible, to brand cows. Imagine a cow without a brand, without an owner! Running free in no-man’s-land!“
Die Sünde der Völlerei aus MEIER HELMBRECHT
(Bauernsohn strebt Karriere als Raubritter an, die Kappe verriet es ja längst )
Lemberslint (Schling das Lamm),
Slickenwider (Schluck das Widder),
Küefrâz (Kühefresser)
Slintezgeu (Schling das Land)
Wolvesdrüzzel (Wolfsschnauze),
Wolvesguome (Wolfsrachen)
Wolvesdarm (Wolfsbauch)
Müschenkelh (Zerschlage den Kelch)
Rütelschrîn (Rüttel den Schrein)
Hellesac (Höllensack)
NACKTMULCH. Was ist denn Erwartername? Was? Dein Erwarter. Was? Na, dein Er-War-Taren-Name. Nacktmulch, mein ErwartarenName ist NACKTMULCH. Ich erwarte Anwendungen.
Die Aggression der Zerbrechlichen
Sie kennen schon die Gefahr des Aufgehens ohne Grenzen? Was bewirtschafte ich, frage ich. Und antworte mir mit einem Zitat, das nicht passt. Wirklich nicht. Am unteren Rand notiert: Land Ausbeutung Produktivmachung Wirtschaft Essen gehen Kannibalisierung Stall Kannibalisierung Stall. Am oberen Rand notiert: Stecker ziehen an dem die unsterblichen Menschen hängen, schreien, sie über die Kacheln stoßen. Es ist nicht richtig. Ich habe den ganzen Zusammenhang vergessen. Beschäftigen wir uns vorerst mit der Aggression der Zerbrechlichen – der Impuls ist enorm.
Das Raumschiff – das mit Düngemitteln betankte Raumschiff. Raumfahrt und Landwirtschaft. Wir bewirtschaften Flächen auf diversen anderen Planeten. Aus Gründen. Aus außerweltlichen Gründen war ich leider nicht in der Lage die Umsatzsteuervorankündigung zum gebotenenen und bitte Sie daher um Fristverlängerung, die Ernte muss eingeholt werden.
Man muss das Wesen auch zu nutzen wissen Unser Witzbold, der Herr Philosoph produziert heute nahrhaftes Gedankengut. Wir legen es sogleich auf den Grill. Sehr faserige Argumentationen. Silo Denkfabrik. Es siedet, gärt und dampft. Es wackelt! Fackelt! (Wenn ein liebendes Herz wird betrogen, so flackert wilder die Leidenschaft auf, aber die Liebe erlischt. // How so? you ask. Such dirt heaps up my love, but buries all my friendliness.) Es ist schmackhaft, aber schmackhaft ist was anderes.
Industrialiserung, darin eingespannt die Tiere.
Bio-Politik und Milchkühe auf Speed. Würdest du bitte das Speed und das Vieh rüberbringen?
Oder der Bauer der sagte, er kaufe jetzt für die Kühe: Matratzen. Damit sie sich von innen her mit Milch vollsaugen, die er ihnen dann abnimmt. Nicht die Matratzen, nicht den Matratzen, den Kühen.
Verkehr mit den Unkörperlichen
Geisterviehzucht
Spiritistsiche Milchwirtschaft
DER SCHIFFSKOCH, ein Gefangener, singt:
Weh, geschieden von den Meinigen
Lieg ich hier seit vielen Wochen;
Ach, und denen, die mich peinigen
Muss ich Mahl um Mahlzeit kochen.
Schöne purpurflossige Fische,
Die sie mir lebendig brachten,
Schauen aus gebrochenen Augen,
Sanfte Tiere muss ich schlachten.
Stille Tiere muss ich schlachten,
Schöne Früchte muss ich schälen
Und für die, die mich verachten
Feurige Gewürze wählen.
Und wie ich gebeugt beim Licht in
Süß- und scharfen Düften wühle,
Steigen auf ins Herz der Freiheit
Ungeheuere Gefühle.
Weh, geschieden von den Meinigen,
Lieg ich her seit wieviel Wochen.
Ach und denen, die mich peinigen,
Muss ich Mahl- um Mahlzeit kochen.
Hugo von Hofmannsthal