… diese abgegriffenste stelle …

… Die graue Staubschicht auf den Dingen ist sein [des Traums] bestes Teil. Die Träume sind nun Richtweg ins Banale. Auf Nimmerwiedersehen kassiert die Technik das Außenbild der Dinge wie Banknoten, die ihre Gültigkeit verlieren sollen. Jetzt greift die Hand es noch einma im Traum und tastet vertraute Konturen zum Abschied ab. Sie fasst die Gegenstände an der abgegriffensten Stelle. Das ist nicht immer die schicklichste: Kinder umfassen ein Glas nicht, sie greifen hinein. Und welche Seite kehrt das Ding den Träumen zu? Welches ist diese abgegriffenste Stelle? Es ist die Seite, welche von Gewöhnung abgescheuert und mit billigen Sinnsprüchen garniert ist. Die Seite, die das Ding dem Traume zukehrt, ist der Kitsch. …

Benjamin: GS, 620 u, 1428; 1925

SEINE SACHEN IN STÄNDIGEM FLUTEN

… Am Schlusse von ‚Matière et Mémoire‘ entwickelt Bergson, Wahrnehmung sei eine Funktion der Zeit. Würden wir, so darf man sagen, gelassener, nach einem anderen Rhythmus leben, so gäbe es nichts ‚Bestehendes‘ für uns; sondern alles geschähe vor unsern Augen, alles stieße uns zu. So aber ist es nur im Traum. Um die Passagen aus dem Grunde zu verstehen, versenken wir sie in die tiefste Traumschicht, reden von ihnen so als wären sie uns zugestoßen. Ganz ähnlich betrachtet ein Sammler die Dinge. Dem großen Sammler stoßen die Dinge zu. Wie er ihnen nachstellt und auf sie trifft, welche Veränderungen in allen Stücken ein neues Stück, das hinzutritt, bewirkt, das alles zeigt ihm seine Sachen in ständigem Fluten aufgelöst wie Wirkliches im Traum. …

Benjamin, GS V, 1008f.

Wieder zu den blätternden flatternden Abbildern

Lorica von lorum wie lectica von lectus
(Kettenhemd von Zügeln und Peitschen wie Sänfte vom Liegen)
(Armour like wet clothing)

Athene, blick lieb auf arme Amazonen, die
in aller Welt zuvielen Kampf beginnen.
Sie nehmen sich alles zu Herzen; Schiffbrüche
und Dinge, die sie selbst verschuldet haben, nehmen überhand.
Göttin der Blödheit, die du mit dem Arm
des Klotzes auf den Rest des Klotzes blind eindrischst,
halte kurz inne, und hör, worauf ich dich hinweisen will.
Deine Amazonen verwenden die falschen Sprachen, sie kämpfen
Kämpfe, die sie nicht gewinnen können, und in der Sicht,
die ihnen ermöglicht, zu sein, wie sie sind, sind alle anderen
wie die Tiere, und Feinde. Sie sind die Überblödis, die Helden.
Gib ihnen gute Träume, Geld, Tarnung, gib ihnen
Demut und Treue und unendliche Geduld und Humor.
Sie werden, wenn, was sie ermöglicht, glückt, die feurigsten,
menschlichsten aller Übermenschen.

maßgaben der verdinglichung – der versuch, etwas in die gerechtigkeit zurückzuschlafen. misslingt.

bahnung und stase. aufwachen ins selbe. verknechtung durch hellblaue fenster und ihre reiterchen. wie viele schritte? zu viele. wie gondelnde drähte, feinstoffliche kabel tentakeln und bohren, connected und komplett verloren, ich. klickbare hölle. universale klickbarkeit bedeutet auch, dass man es muss. fühlbare gurte, nicht sichtbar, doch breit, sie halten nieder. kann es nicht wiedergeben in einer begreiflichen logik. maßnahmenkatalog versagt. mechanismen gegenüber denen die kraft der träumerischen re-interpretation machtlos ist. teilverläufe. strukturen werden körperlich, aber nicht narrationsfähig. die grammatik der lendenwirbel kennt nur eine zeitform oder keine. es sind diese hybriden, ortlosen orte, etwas, das dahinter, davor, darunter, darin, daneben, auf dem nebenreiterchen, hier wie dort irgendwo in der zeit liegt, so dass dinge, einmal abgespeichert verschwinden und nie wieder aufzufinden sind. nochmal machen. dass man das bäume nennt: was für ein hohn. überempfindlichkeit gegenüber dem teilverlauf führt in die dumpfheit. denken setzt aus. der widerstand zeigt sich als dumpfheit. das gehirn reagiert dumpf auf angebote, die es als zerstörend begreift. ich finde kein synonym für: dumpf. „Sie alle stehen im Ablaut zu Dampf, so dass für die Wortgruppe dumpf eine Ausgangsbedeutung ‚durch Rauch, Dampf eingeengt, feucht‘ anzunehmen ist.“ das trifft nicht zu. neutralität des neuronalen codes. verwandlung in elektrische impulse. da flog eben eine braunweiße katze vorbei. das system greift über. will an meine strukturen heran. an die postsynaptische zellmembran. die so genannten neuronalen bahnungen sind elektrochemisch bewirkte nervenströme, anlagen zur wiederbegehung. was immer das gehirn lernt, hat es nie wieder nicht gelernt. irreduzibel. einmal gezogene bahnen werden reaktiviert. das ist das horrende an der verdinglichung. der protest ist leider kein denken. ein kind aus schlamm. nein. eine hohlform, die mit hohlheit gefüllt wird, nur dass diese hohlheit massiv ist. und von innen die risse verfugt. so dass kein licht hineintreten kann. routinenbildung oder unterwerfung, je nach dem. haydn hilf! ach würde doch die braunweiße katze wieder vorbeifliegen. wenn haydn nicht mehr hilft, haben wir ein problem. wir haben ein problem.

…dingsbumstum…

cf verwies mich auf jene passage aus heissenbüttels klassenanalyse: „… so ein Dings ist bedingt dadurch, dass er jedes Dingsbumstum für was besseres hält sein Dingsbumstum ist bedingt dadurch dass er in dem Dings der er ist nicht sich selbst erkennt sondern was besseres und diese Bedingtheit lässt ihn unbedingt von sich weg streben er bedingt sich aus indem seine Bedingtheit nicht nicht zur Selbsterkenntnis sondern zu was besserem führt und wenn er einen Dings wirklich für einen Dings und sich in ihm selber sähe würde er das für was schlechteres halten denn angenommen ein Dings würde einen Dings nur für einen Dings und nicht für was besseres sondern sich in ihm für was schlechteres halten für das er sich nicht halten wollte so wäre er gezwungen einen Dings weder für was besseres noch für was schlechteres zu halten sondern einfach nur für so einen Dings und das wäre dann wirklich so etwas wie Selbsterkenntnis.“

Eine unergiebige Begegnung

Ein Plakat pflückte mein verkatertes Auge, von der Innenseite der Tür einer Jugendherberge aus. The annoying thing, das Ding, das die Nerven blankreibt, entsprang, wie es schien, einer kommerziellen Unterhaltung, einem Animationszusammenhang. Es hatte einen Helm auf und ähnelte einem Frosch wie einem Cretin von Außerirdischen. Dass es eine elektrokindliche Stimme haben würde, ahnte ich Ausgeburt meiner Zeit.
Die Idee schien mir gut, das nervende Ding so herauszuheben und als lebendiges Wesen auszustatten, und ideal hing es in einem betrieblichen UND häuslichen Zusammenhang, wo die nervenden Dinge Anlass von Einklang und Fröhlichkeit bilden.

Nach der Netzrecherche war ich enttäuscht und gleichzeitig durcheinander. Im Videoclip, der diese Figur berühmt gemacht hat, befanden sich mehrere Themen messie-haft weniger kombiniert als zusammengestapelt, und ich hatte den Verdacht, dass gerade das für die scheinbare Popularität der Figur verantwortlich war. Man ist sich einig, dass sie absurd und dämlich ist. Der Reiz besteht in der Enttäuschung der Erwartung – vielleicht mehr faule Scheu als Sehnsucht – , dass es nichts zu durchschauen gibt. Wie die Erleichterung, die derjenige Glückspilz spüren würde, der einmal einen Pfannkuchen ohne Füllung geschenkt bekäme. Nichts Mysteriöses, kein Kern. Kein Drinnenbleiben und kein Ausschwappen, kein Thema, keine Überschrift, kein Inhalt, kein Ende des Inhalts, keine Form, dessen Beziehung zum Inhalt problematisiert werden könnte. Die Formlosigkeit ist klobig und daher nicht sofort offensichtlich. Es ist der pure guilty pleasure ohne guilt und ohne pleasure.
Da schnallte ich: Es geht um 3D!
Das erklärte alles.

Pferde, die drogensüchtig sind!

„So gefiel auch ihnen diese Welt nicht allzusehr, diese immerwährende Starrheit von allem, das immer wieder an seinem Platz gefunden wird, und dieses schöne Gleichgewicht auf vier Füßen, die von jenen so sehr ersehnt werden, die sie nicht haben.
Es gibt in Dakota einen Strauch, eine Art Astargallus, von dem, sagt Professor LOUIS LEWIN, ‚ein Pferd nur einmal zu fressen braucht, um unheilbar Gefangener dieser Nahrung zu werden, sofern sie ihm nur zugänglich ist. Es genügt sogar, dass ein einziges Tier davon frisst, um eine ganze Herde nachzuziehen, die den Astargallus verspeist … Wenn es einen kleinen Kiesel auf der Erde sieht, macht es einen riesigen Sprung darüber, mit dem es über eine Mauer setzen könnte …‘
Es liebt also auch die Täuschung, die Träume, die Loslösung seines Ich, die Liquidation seiner treuen Organe (unerträglich, wie treu sie sind!) und des Bodens (auch er so treu).
Diese vielgerühmte Koordination der Bewegungen, durch die das Pferd ein Meisterwerk ist, wie sein Herr und Meister, es freut sich, wenn es sie einmal loswerden kann, wie sein Herr und Meister – um sich von ihr auszuruhen, dieser verdammten, langweilig perfekten und anspruchsvollen Mechanik, und man sieht, wie es auf jene Ebenen zurückkommt, die für die Seele so köstlich sind, und wie es in ihrem Schatten wirklich träumerische Haltungen ennimmt.“

Henri Michaux