Leichtes Geld. Leichte Worte, schweren Stoff zu transportieren. Als könnte man irgendwas sagen, und durch unseren alten Freund Magie käme die Schwere rüber. Doch gerade auch alte Freunde verlieren die Geduld, besinnen sich auf ihr eigenes Leben. Leichtes Geld, mit der Kante auf den Tisch. Zurückgeschobenes Trinkgeld. Es ist zu spät. Vorher wars zu früh. Man will dich schikanieren. Aus Liebe. Du kannst nicht alles kaufen, du kannst gar nichts kaufen.
Es scheint, als wäre über Geld schon alles gesagt. Es scheint, immer kürzer wird die Spanne meiner Gedankengänge. Ich spähe, ob schon jemand diesen Weg gegangen ist, ob wer mit mir hechelt, im Geiste, als Geist.
Gestern war ich mit einer Freundin in Friedrichshagen in der Delfter Stube. Sie trank einen Kaffee und einen Apfelschorle und mußte 3,70 bezahlen. Als der Kellner kam gab sie ihm 5 Euro und sagte: 3,80.
Als wir aufgestanden sind und ein Stück weg waren habe ich sie gefragt: Hast du dem jetzt 10 Cent Trinkgeld gegeben? Und sie: ja. Ich: da käm ich mir glaub ich verarscht vor, als Kellner. Sie: warum?
Da schämte ich mich, es überhaupt angesprochen zu haben. Aber ich empfand es als sehr ungehörig und meinte, es sei doch besser, gar nichts zu geben, oder wenigstens aufzurunden auf 4 Euro. Aber ich bin jetzt selbst unsicher. – Hätte ich mich besser still verhalten?
Das kommt ganz auf den Ort an und den Tonfall. Ort und Tonfall gehören zu den sprachlichen Mitteln, mit denen wir uns hinter dem Rücken des Gelds verständigen können.
Wenn ich verständnisvoll und sachte getan hätte, meinen Sie das mit Tonfall? wäre es noch verlogener gewesen. Oder ist das egal? Sprachliche Mittel außerdem mangelhaft, bzw. minderbemittelt. Außerdem hegte ich wohl einen heimlichen Groll, weil die Freundin selbst so gut wie nie arbeitet und schloß, daß sie den Wert des Geldes nicht gut kennt und gar nicht ahnt, wie doof das für den Kellner ist. Sich für 10 Cent auch noch bedanken zu müssen.
Nein, liebe Lore, es kommt auf die Art an, wie Ihre Freundin diese 10 Cent Trinkgeld gegeben hat. Freilich klingt der ganze Ausflug etwas beklemmt. Es könnte aber auch ein Riesenspaß sein! Lesen Sie Jüdisches Kabarett Anfang des Jahrhunderts in Wien, um zu erfahren, wieviel Spaß man mit Geiz haben kann. Bestellt einer Limonade ohne Zitrone, und den Zucker hat er selbst mitgebracht. Will der Kellner ihn aus dem Lokal jagen. Bleibt er sitzen.
Es ist bloß diese rheindeutsche provinzielle Art, alle sollten so tun, als wären sie miteinander gut, die so viel unmenschliche Verlegenheit erzeugt. Denn eigentlich beleidigt die Kellnerin viel mehr die Unterstellung, sie würde sich über sowas ärgern.
Saß ich letztens in der S-Bahn, und der lesende Student schräg gegenüber merkte, dass man seine Geldbörse aus dem Außenfach seines Rucksacks geklaut hatte. Schaute in die Runde und fragte die adrette Türkin ihm gegenüber, ob sie es ihm übelnehmen würde, wenn er einen Blick in ihre Handtasche werfen dürfe. Hat sie, ganz verständnisvoll, erlaubt. Nach zwei Minuten Umhersehen und Fluchen entschuldigte er sich neuerlich, er müsse sie nocheinmal bitten, in ihre Tasche schauen zu dürfen! Sie dürfe nicht böse sein.
Mit so einer Selbstverständlichkeit! Was halten Sie davon? Ich führe es als Beispiel dafür an, wie die Koordinaten des Gelds im zwischenmenschlichen Umgang die Manieren ersetzen.